Einstellung des Verfahrens gegen Edathy nimmt Opfer nicht ernst und erschwert Präventionsarbeit gegen Kinderpornografie
Die Einstellung des Verfahrens gegen Sebastian Edathy
erleben die Opfer von Kinderpornografie als einen Schlag ins Gesicht. „Da sieht man mal wieder, dass selbst die
Gerichte nicht ernstnehmen, wie schlimm das für Kinder ist,“ so der
Kommentar einer 14-jährigen, die über mehrere Jahre von einem Freund der
Familie vor der Kamera missbraucht wurde und von Zartbitter Köln therapeutisch
begleitet wird.
Negative Auswirkungen befürchten die Fachkräfte von Zartbitter auch für die Präventionsarbeit. „In zahlreichen Workshops und durch unsere Präventionstheaterstücke gegen sexualisierte Gewalt im Netz versuchen wir Jugendlichen zu vermitteln, dass es keinesfalls witzig, sondern eine massive Form sexualisierter Gewalt ist, wenn sie zum Beispiel Köpfe von anderen Mädchen und Jungen auf Pornos montieren und diese ins Netz stellen. Nun bagatellisiert ein Gericht durch die Einstellung des Verfahrens den Besitz kinderpornografischer Produkte eines Bundestagsabgeordneten als Kavaliersdelikt. Wie sollen wir jungen Menschen da vermitteln, dass die beschämenden Bilder die Opfer massiv verletzen und Konsequenzen für die Akteure nach sich ziehen.“ erklärt Eckhard Pieper vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung in der Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt im Netz. Ursula Enders, Leiterin von Zartbitter, hat die Einstellung des Verfahrens nicht gewundert: „Diese Ignoranz der Justiz erleben wir seit Jahren.“ Als bitter bezeichnet sie die Erfahrungen mit der Politik: „In den 80er und 90er Jahren hat die Pädosexuellenlobby es geschafft, dass die Beratungsstellen für sexuell missbrauchte Jungen nicht finanziell abgesichert wurden. Nun greifen die Medien den Fall eines Politikers auf und landauf landab engagiert sich die Politik für die Finanzierung von Konzepten der Täterprävention. Dabei lässt sie außer Acht, dass diese hochgelobten und mit einer perfekten Öffentlichkeitsarbeit sich präsentierenden Konzepte weder eine effektive Prävention leisten und auch in Fachkreisen höchst umstritten sind.“ Zartbitter Köln ist eine der ältesten und bekanntesten bundesdeutschen Fachberatungsstellen, die Hilfen für männliche Opfer anbieten. Die Arbeit von Zartbitter ist nur zu ca. 40 % öffentlich finanziert. Während die Stadt Köln in den letzten Jahren die Förderung gesteigert hat, hat das Land diese seit 2000 gekürzt. Im Jahr 2000 wurde die Beratungsarbeit von Zartbitter vom Land NRW noch mit 138.048,00.€ (seinerzeit 270.000,00 DM) gefördert. Inzwischen beträgt die Landesförderung der Beratungsarbeit trotz gestiegener Personal- und Sachkosten nur noch 127.700,00 €. In ca. 50 % der Beratungsfälle von Zartbitter spielt (kinder-)porno-grafisches Bildmaterial eine Rolle. |