Mädchen und Jungen entdecken ihren Lebensraum mit einer oft
unerschöpflich erscheinenden Neugier. Sie zeigen spontanes Interesse für nahezu
alles, was um sie herum und mit ihnen geschieht und lernen so Schritt für
Schritt, sich in der Welt zurechtzufinden. Sie sind darauf angewiesen, dass
Erwachsene sie in ihrer Entwicklung anregen, unterstützen, begleiten und ihre
Bedürfnisse nach Liebe, Zärtlichkeit und Schutz erfüllen. Kinder und
Jugendliche müssen darauf vertrauen können, dass Erwachsene dieser Aufgabe
gerecht werden. Nutzen Erwachsene oder Jugendliche Kinder zur Befriedigung der
eigenen sexuellen Interessen und Bedürfnisse aus, so wird deren Vertrauen
zutiefst verletzt, ihre Entwicklung grundsätzlich gefährdet.
Der Begriff sexuelle Ausbeutung ist der weitergehende Begriff für sexuellen
Missbrauch, denn auch sexuelle Übergriffe werden als sexuelle Ausbeutung
bewertet. Diese stehen zwar nicht unter Strafe, können jedoch ebenso belastend
für Kinder und Jugendliche sein. So ist es z.B. für ein Mädchen zutiefst
verletzend, wenn ihre Mutter auf der Geburtstagsfeier der 13-jährigen Tochter
plötzlich deren T-Shirt greift und hochzieht, um den Gästen zu zeigen, dass das
Mädchen langsam Busen bekommt.
Es gibt viele Handlungen, die in einem Kontext sexuell übergriffig sind, in
einem anderen nicht. In einer Familie, in der Kinder gewohnt sind, ihre Eltern
nackt zu sehen, ist es z.B. noch kein Anzeichen von sexueller Ausbeutung, wenn
sich der Vater im Badezimmer aufhält, während der 9- jährige Sohn badet. Schämt
sich der Junge jedoch und bittet er den Vater, ihn allein zu lassen, und setzt
sich die Erwachsene über diesen Wunsch des Kindes hinweg, dann beginnt damit
die Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung des Jungen.
Eine liebevolle und zärtliche Beziehung zu einem Kind hat nichts mit sexueller
Ausbeutung gemein. Ausdrücklich geht es um eine Instrumentalisierung des
Mädchens/Jungen für die Befriedigung der Bedürfnisse des Erwachsenen oder
älteren Jugendlichen. Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Jungen fängt bei
heimlichen, vorsichtigen Berührungen, verletzenden Redensarten und Blicken an
und reicht bis hin zu oralen, vaginalen oder analen Vergewaltigungen und
sexuellen Foltertechniken.
Mädchen und Jungen werden sexuell ausgebeutet, z.B. wenn
- sie anzügliche Blicke oder
Bemerkungen über ihre Körper über sich ergehen lassen müssen,
- sie veranlasst werden,
Zungenküsse zu geben,
- sie Erwachsene oder
Jugendliche nackt betrachten sollen – live oder im Internet,
- sie pornographische Bilder
ansehen müssen,
- ihnen der Vater, Bruder oder
jemand anderes scheinbar zufällig sein erigiertes Glied zeigt,
- sie an Po, Scheide, Brust und
Penis berührt werden,
- sie Erwachsene oder
Jugendliche mit der Hand oder dem Mund befriedigen sollen,
- sie oral, anal oder vaginal –
z.B. mit Gegenständen – vergewaltigt werden,
- sie an pornographischen
Aufnahmen mitwirken sollen oder prostituiert werden,
- ein Erwachsener oder
Jugendlicher sie mit ihnen zu sexuellen Handlungen verabredet.
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