Zartbitter Köln e.V Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen

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Ganz schön blöd!
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Zart war ich, bitter war´s
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Ein Kind wurde sexuell missbraucht. Was kann ich tun?

Tipps für Mütter und Väter, Pädagoginnen und Pädagogen

Wenn ein Kind sich Ihnen anvertraut …trostspendender Vater

  • Reagieren Sie ruhig und überlegt! Allzu heftige Reaktionen belasten betroffene Kinder und lassen sie meist erneut verstummen.

  • Machen Sie keine Vorwürfe, auch wenn das Mädchen/der Junge sich Ihnen erst sehr spät anvertraut hat.

  • Loben Sie das Kind dafür, dass sie/er den Mut hat, sich anderen anzuvertrauen und sich Hilfe zu holen.

  • Stellen Sie in einem ruhigen Tonfall offene Fragen über den Ablauf der Handlungen. (Zum Beispiel: Und was ist dann passiert? Was hat xy danach gemacht?)

  • Geben Sie dem Kind keine Details vor!

  • Akzeptieren Sie es, wenn das Mädchen/der Junge nicht (weiter-)sprechen will.

  • Überfordern Sie das Kind nicht mit bohrenden Fragen nach Einzelheiten.

  • Stellen Sie sachlich fest, dass die Handlungen nicht in Ordnung, blöd, gemein ... waren.

  • Stellen Sie die Aussagen des Kindes nicht in Frage – auch wenn diese unlogisch sind/scheinen.

  • Diskutieren Sie nicht darüber, ob das Mädchen/der Junge etwas falsch gemacht hat. Die Verantwortung für einen Pflastersexuellen Übergriff trägt niemals das Opfer!

  • Vermeiden Sie Forderungen nach drastischen Strafen für Täter/Täterinnen, sonst können sich betroffene Kinder und Jugendliche Ihnen meist nicht (weiter) anvertrauen! Die Mehrzahl der Opfer möchte sich nicht dafür verantwortlich fühlen, dass der Täter/die Täterin ins Gefängnis kommt oder der eigene Vater bestraft wird, wenn er zum Beispiel Selbstjustiz verübt und den Täter zusammenschlägt.

  • Schützen Sie das Opfer vor Kontakten mit dem Täter/der Täterin!

  • Trösten und pflegen Sie das betroffene Kind!

  • Versprechen Sie dem Opfer nichts, was Sie nicht halten können!

Kindern bei der Verarbeitung sexueller Gewalterfahrungen helfen …

Mädchen und Jungen haben eine große Chance, sexuelle Gewalterfahrungen ohne Langzeitfolgen zu verarbeiten – vorausge­setzt: Es wird ihnen geglaubt, sie werden vor weiteren Übergriffen geschützt und sie bekommen die notwendige Unterstützung bei der Verarbeitung der Gewalterfahrun­gen. Beratungsstellen gegen sexuellen Miss­brauch oder ArztkofferFamilienberatungsstellen geben Ihnen Tipps, wie Mütter und Väter, Pädagoginnen und Pädagogen die Selbst­heilungskräfte betroffener Kinder stärken können. Sie klären auch ab, ob eine thera­peutische Hilfe für ein Kind notwendig und hilfreich ist. Die folgenden Tipps helfen Müttern und Vä­tern, Pädagoginnen und Pädagogen, Opfern eine ruhige und kindgerechte Begleitung bei der Bewältigung sexueller Gewalterfahrun­gen zu geben.

  • Verzweifeln Sie nicht, wenn ein Opfer in den ersten Wochen nach der Aufdeckung sexueller Gewal­terfahrungen mas­sive Auffälligkeiten zeigt!
    Viele Kinder leiden nach der Aufdeckung zunächst unter massiven Folgen: Ängste, nächtliche Schreianfälle, Wutanfälle, Albträume, Freudlosigkeit, körperliche Reaktionen, Babyverhalten und -sprache…


  • Zeigt ein betroffenes Mädchen/ein Jun­ge körperliche Reaktionen und Gefühls­schwankungen, so erklären Sie diese auf kindgerechte Art und Weise: „Dir ist ganz kalt, weil du jetzt wieder daran denken musst. … Das geht vorbei.“

  • Pflegen Sie das Mädchen/den Jungen, wenn sie/er unter schmerzhaften Kör­pererinnerungen leidet.
    Einige Opfer leiden phasenweise un­ter schmerzhaften Körpererinnerun­gen (zum Beispiel Glieder-, Kopf- und Bauchschmerzen, Fieberschübe, Schüt­telfrost, Lähmungen). Medizinisch ist in der Regel keine Ursache festzustellen. Kinder brauchen dann eine liebevolle Pflege – ähnlich wie nach einer schwe­ren Operation.


  • Behalten Sie im Blick, ob, wann und wo das Mädchen/der Junge Folgen zeigt.
    Die Belas­tungen kindlicher Op­fer werden häufig erst nach mehreren Wochen oder Monaten deutlich. Einige Mädchen und Jungen wechseln zwischen symptomreichen und symptomfreien Zeiten oder wirken im Elternhaus sehr belastet, in der Kita oder Schule jedoch „völlig normal“ – bzw. umgekehrt.

  • Falls ein betroffenes Kind unter Stim­mungsschwankungen leidet (plötzliche Unruhe/Übererregung, Traurigkeit, Wut­anfälle …), achten Sie darauf, was kurz vor diesen Stimmungsschwankungen geschehen ist. Machen Sie sich Notizen!

  • Viele betroffene Mäd­chen und Jungen verlieren sich immer mal wieder in den schmerzhaften Erin­nerungen oder wir­ken wie abwesend, schauen zum Beispiel „durch einen durch“. Unterbrechen sie solche Zustände. Ist ein Kind trotz ru­higer und klarer Ansprache nicht mehr erreichbar, so hilft meist Singen, in den Arm nehmen, Ablenkung oder Bewe­gung.

  • Reagieren Sie mit einer liebevollen Sachlichkeit, wenn ein Kind Einzelhei­ten über die belastenden Erlebnisse erzählt. Verband
    „Das war wirklich doof für dich! … Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dir sofort geholfen.…“


  • Sprechen Sie das Mädchen/den Jungen nicht abends vor dem Einschlafen auf die sexuellen Übergriffe an!
    Spielen Sie vor dem Einschlafen eine schöne Musik-CD oder lesen Sie eine Gutenachtgeschichte vor. Lassen Sie ein Nachtlicht brennen.

  • Akzeptieren Sie es, wenn das Opfer zunächst bestimmte Situationen ver­meidet. Helfen Sie jedoch, dieses Ver­meidungsverhalten wieder schrittweise aufzugeben.

  • Geben Sie dem Kind durch eine klare und beständige Tagesstruktur eine Ori­entierung.

  • Reduzieren Sie das Mädchen/den Jun­gen nicht auf die Opferrolle! Ein ganz normaler Alltag tut gut!

    • Setzen Sie weiterhin alters­entsprechende Grenzen. Kla­re Regeln geben betroffenen Mädchen und Jungen Halt.

    • Fanden die Übergriffe in ei­ner Kita/in der Schule/in ei­nem Verein statt, so prüfen Sie, ob die Pädagoginnen und Pädagogen den Schutz des Kindes sicherstellen können und bereit sind, mit einer Be­ratungsstelle zu kooperieren.

    • Tauschen Sie sich mit Men-schen Ihres Vertrauens aus. Vermeiden Sie jedoch allzu häufige Pro­blemgespräche. Es hilft weder Ihnen noch betroffenen Kindern, wenn sich „alles nur noch um sexuelle Übergriffe/ sexuellen Missbrauch dreht“.

  • Falls Sie selber ständig an die Über­griffe/den Missbrauch denken müssen, sich belastende Fantasien über den Ablauf der Gewalthandlungen machen oder massiv mit eigenen belastenden Vorerfahrungen beschäftigt sind, soll­ten Sie für sich selbst Beratung suchen.  
    Traumafachberater/innen können Ihnen oftmals schon in wenigen Beratungsge­sprächen Ihnen Möglichkeiten aufzei­gen, wie Sie selbst belastende Erinne­rungen und Fantasien stoppen können.

Mutter singt Schlaflied


Literaturempfehlung:
Enders, Ursula (Hg.):
Zart war ich, bitter war’s.
Handbuch gegen sexuellen Missbrauch. Köln 2009 Enders, Ursula/Wolters, Dorothee.
Wir können was, was ihr nicht könnt! Ein Bilderbuch über Doktorspiele und sexuelle Übergriffe – mit pädagogischem Begleitmaterial. Köln 2009 Zartbitter e.V.:
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Doktorspiele oder sexuelle Übergriffe. Tipps für Mütter und Väter. Informationsbroschüre
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© Zartbitter e.V.: Ursula Enders 2010
Illustrationen: www.dorotheewolters.de 
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