Warum hat mein Kind mir nichts gesagt?
Eltern können häufig nach der Aufdeckung eines sexuellen Missbrauchs
nicht begreifen, warum sich ihre Tochter/ihr Sohn ihnen nicht anvertraut hat.
Viele waren der festen Überzeugung, ihr Kind hätte absolutes Vertrauen zu ihnen
und würde mit allen kleinen und großen Sorgen zu ihnen kommen. Oftmals haben sie
in der Vergangenheit ihren Kindern immer wieder gesagt: „Du kannst immer zu mir
kommen – ganz egal, was ist, oder was du gemacht hast.“ Sind Mütter und Väter die "letzten Personen", die von dem Missbrauch erfahren, so haben sie oftmals das Gefühl, als Eltern versagt zu haben. Auch fühlen sie sich häufig zutiefst verletzt – vor allem dann, wenn das Kind eine andere Person ins Vertrauen zog. In dieser Situation machen einige Eltern den Opfern bittere Vorwürfe und werten deren Schweigen ihnen gegenüber als schweren Vertrauensbruch. Informationen über die Strategien der Täter helfen betroffenen Eltern, das Verhalten der Kinder richtig einzuschätzen und zu erkennen, dass das Schweigen der Opfer fast immer ein Zeichen der Bindung der Kinder zu ihren Müttern und Vätern ist. Von Seiten des Kindes ist in den allermeisten Fällen das Schweigen kein Ausdruck eines gestörten Vertrauensverhältnisses. Es gibt verschiedene Ursachen dafür, dass Mütter und Väter oftmals die Personen sind, denen die Opfer die wenigsten Hinweise geben und die später als dem Kind weniger nahestehende Menschen von dem Missbrauch erfahren.
© Zartbitter Köln: Ursula Enders 2004 |