Warum wird sexueller Missbrauch meistens von Männern verübt?
Sexueller Missbrauch ist Missbrauch von Macht, den in der Mehrzahl Männer
und männliche Jugendliche ausüben. Hierin liegt auch die Ursache, dass
ca.75-80% der sexuellen Ausbeutung von männlichen Tätern verübt wird.
Bis zum heutigen Tage haben Männer im öffentlichen Leben immer noch die größere Macht. So sind in Politik und Wirtschaft die leitenden Positionen in der überwiegenden Mehrzahl mit Männern besetzt. Auch wenn einige Männer nicht mehr Macht als Frauen haben, so gibt dennoch die insgesamt größere gesellschaftliche Macht von Männern diesen vielfach die Möglichkeit, Frauen, Kindern und Jugendlichen ihren Willen aufzuzwingen. Dementsprechend ist Sexualität in unserer Gesellschaft noch weitgehend gekennzeichnet durch die Unterordnung des weiblichen Lustempfindens. Dies spiegelt sich nicht nur in den Medien und in der Werbung, sondern ebenso im Umgang mit Sexualität innerhalb von Beziehungen. So wird z.B. Vergewaltigung in der Ehe von weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor als "Kavaliersdelikt" bagatellisiert, obwohl dieses Verbrechen seit einigen Jahren in Deutschland sogar strafrechtlich verboten ist. Viele Männer nehmen sich auch heute noch ihr vermeintliches Recht auf ihre Frau; viele Frauen gehen auch heute noch von der Annahme aus, sie müssten ihren "ehelichen Pflichten" nachkommen – sprich: sich vergewaltigen lassen. Andere wissen zwar, dass ihr Mann sich strafbar macht, trauen sich jedoch aus Angst vor den Reaktionen des Mannes und der Umwelt nicht, ihren Mann wegen Vergewaltigung anzuzeigen. Auch ist es noch nicht allgemein bekannt, dass seit Januar 2002 ein neues Gesetz in Kraft ist: Die vergewaltigte oder geschlagene Ehefrau oder Dritte können die Polizei rufen, die wiederum auch gegen den Willen der Frau den Mann umgehend aus der Wohnung verweisen kann. Zwar ist diese Maßnahme zunächst befristet, doch ist dann die Frau erst einmal einige Tage in Sicherheit und hat Zeit, um mit der rechtlichen Unterstützung einer Anwältin und der persönlichen Unterstützung einer Beraterin weitere Schritte zu ihrem Schutz und dem Schutz ihrer Kinder einzuleiten. Männer "bevorzugen" oftmals Partnerinnen, die jünger und schwächer als sie sind. Einige betrachten ihre Töchter als ideale 'Partnerinnen', denn in keiner anderen Beziehung ist das Machtgefälle größer als zwischen Vater und Tochter. Sexuelle Ausbeutung der Tochter durch den Vater ist dementsprechend Ausdruck eines männlichen Besitzdenkens ("Ich kann mit meiner Tochter machen, was ich will!"). Töchter aus Familien, in denen Männer und Jungen mehr Macht und dementsprechend mehr zu sagen haben als Frauen und Töchter, unterliegen einem erhöhten Risiko, Opfer sexueller Gewalt zu werden – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie. Sie lernen von klein auf, dass Frauen in allen Lebensbereichen (ökonomisch) benachteiligt und/oder abhängig sind, deshalb (sexuelle) Übergriffe von Männern und männlichen Jugendlichen (auch von älteren Brüdern) dulden, sich zurücknehmen, aushalten und schweigen müssen. Ihre Widerstandskraft wird von klein auf geschwächt. Keinesfalls ist die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen durch Männer Ausdruck eines starken Geschlechtstriebs oder eines sexuellen Notstandes. Die Täterforschung belegt, dass sexuelle Gewalttaten in der Regel nicht aus Mangel an anderen sexuellen Möglichkeiten, sondern zusätzlich zu freiwilligen Sexualkontakten erfolgen. Täter und Täterinnen haben genauso häufig sexuelle Kontakte zu erwachsenen Partnerinnen und Partnern wie Männer und Frauen die nicht missbrauchen. Ebenso wenig liegt die Ursache in Reaktionen auf berufliche Belastungen oder der Homosexualität von Tätern begründet. Sexuelle Gewalttaten sind weder Einzelfälle noch werden sie bis auf ganz wenige Ausnahmen von besonders gestörten Persönlichkeiten verübt. © Zartbitter e.V. |