- Bis auf ganz wenige Ausnahmen hatten alle Mädchen und Jungen Chaterfahrungen.
(In einer sechsten Klasse waren noch viele Kinder ohne Chaterfahrung.)
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Auch Jungen chatten häufig. Vermuteten die MitarbeiterInnen von Zartbitter zunächst, dass vor allem Mädchen
chatten während sich die Jungen voll und ganz in Internetspiele vertiefen, so
wurden sie eines besseren belehrt. Laut Auskunft eines Mitarbeiters von
knuddels.de, einem der beliebtesten Chaträume im deutschsprachigen Raum, sind
43% der kindlichen und jugendlichen Chatter Jungen. Berichte von Fachkräften
der Jugendarbeit bestätigten, das insbesondere Jungen ab der Pubertät sich für
den vermeintlichen „Weiberkram Chat“ interessieren und vor allem lokale
Chaträume besuchen.
- Dem Internet gaben viele Mädchen und Jungen eine größere Bedeutung als dem
Fernsehen (bestätigt aktuelle Studien).
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Die Mädchen und Jungen gaben vor, unter einem Nickname (Fantasienamen) zu
chatten. Dies widerspricht Studien, dass etwa 1in Drittel der Jugendlichen auch
unter eigenem Namen chattet (ebenso Beobachtung von Mitarbeiterinnen der
offenen Jugendarbeit).
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Mädchen und Jungen wählen z.T. bewusst sexistische bzw. auffällige Nicknames,
da sie sonst kaum Chancen haben angesprochen zu werden (z.B. „dirtylady“,
„sweettanga“ oder „crazyboy“). Dadurch sind sie stärker gefährdet, sexuell
belästigt zu werden.
- In jeder Klasse waren Kinder bekannt, die sich bereits mit
Chatbekanntschaften getroffen hatten.
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Gewalterfahrungen im Chat erleben Kinder und Jugendliche nicht nur durch
Fremdtäte, sondern vor allem auch durch andere persönlich bekannte Jugendliche
in den lokalen Chats bzw. Schulchats durch Klassen- und Schulkameraden bei ICQ.
Während sich Eltern oftmals beruhigt glauben, dass ihre Töchter und Söhne „nur
mit ihren Klassenkameraden und Freunden chatten“ und dank der neuen Technik die
Telefonrechnung sinkt, berichteten viele Jugendliche, dass gerade in den
lokalen Chats „voll die Gemeinheiten laufen!“
Klassenkameraden nutzen z.B. die Technik, um die Köpfe von Mitschülerinnen und
Mitschüler auf pornografische oder andere beschämende Bildmaterialien zu
montieren. Oder sie nehmen ihre Opfer in sehr beschämenden Situationen mit dem
Fotohandy auf (z.B. Fotohandy wird z.B. unter dem Spalt der Toilettentür
hindurchgeschoben). Anschließend wird dieses Bildmaterial per Internet in der
Schulöffentlichkeit präsentiert.
Mehrfach berichteten Kinder und Jugendliche gegenüber Zartbitter, dass es
durchaus keine Seltenheit ist, dass „Freundinnen“ und „Freunde“, die das
Passwort anderer Jugendlicher kennen, dieses nutzen, um unter deren Nickname
(Fantasiename) zu chatten und so den wahren Besitzer des Nicknamen durch
Intrigen und obzöne Aktionen in peinliche Situationen bringen.
- Schüler und Schülerinnen berichteten von einer Eskalation der Gewalt: “Im
Chat kann man so einem A... keine knallen. Dann beschimpft man so‘n Typen halt ...
und irgendwann machen sich alle zur Sau oder labern sich mit Sauereien zu!“
Insgesamt wurde in den Workshops beobachtet, dass Mädchen und Jungen ab der
Pubertät in einem ersten Gespräch vorgeben, alles im Griff zu haben und
Sicherheitsregeln im Chat zu beachten, im vertiefenden Gespräch wird jedoch
deutlich, dass sie ihre eigenen Widerstandsmöglichkeiten überschätzen und sich
tatsächlich nicht ausreichend schützen. Immer wieder lassen sie sich in den
Bann des neuen mediums ziehen und vergessen ihre eigene Sicherheit. Andere
erleben im Spiel mit dem Risiko einen gewissen Kick.
© Zartbitter e.V. 20.05.2005
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