Die Produzenten von Kinderpornografie im Netz werden jünger
In der
Öffentlichkeit ist das Bild des Kinderpornoproduzenten mit dem des skrupellosen
Erwachsenen verbunden, der in den eigenen vier Wänden oder in einem Studio die
sexuelle Ausbeutung von Kindern filmt und mit dem Verkauf hohe Umsätze erzielt.
Zartbitter Köln beobachtet seit einigen Jahren, dass bei kinderpornografischem
Material oftmals Jugendliche und zunehmend auch Kinder die technische
Produktion leisten und die Produkte verbreiten. Eine nicht zu unterschätzende
Zahl der jugendlichen Pornoproduzenten verübt die strafrechtlich relevanten
Delikte aus eigenem Antrieb heraus, andere wiederum werden von jugendlichen und
erwachsenen Tätern und Täterinnen zur Produktion überredet, angestiftet oder mit
Drohungen gezwungen. Oftmals gilt es auch als „cool“, eigene sexuelle
Handlungen zu filmen und ins Netz zu stellen. Zunehmend machen sich Jugendliche
auch strafbar, wenn sie zum Beispiel nach der Beendigung einer Beziehung sich
an der minderjährigen Freundin/dem Freund rächen, indem sie während der
Beziehung einvernehmlich aufgenommene Nacktfotos oder aufgezeichnete
Videoaufnahmen von gemeinsamen sexuellen Handlungen
ins Netz stellen.
Die Herstellung und Verbreitung kinderpornografischen Materials im Netz wird von vielen Erwachsenen nicht wahrgenommen bzw. als „klassisches“ Cyber-Mobbing bagatellisiert. Zartbitter beobachtet zum Beispiel, dass pädagogische Fachkräfte die ersten zaghaften Hinweise von Opfern und deren Freundinnen und Freunden zwar wahrnehmen und dann versuchen, das vermeintliche Cyber-Mobbing zu stoppen. Um den vermeintlichen konflikthaften Umgangsstil innerhalb einer Gruppe zu lösen, versäumen sie es, sich ein differenziertes Bild von den Handlungen zu machen und Unterstützung von Fachstellen zu holen. Viele versuchen, das Opfer wieder in die Gruppe zu integrieren. Weil sie auf Schuldzuweisungen gegen jugendliche Täter verzichten und diese nicht kriminalisieren wollen, versäumen sie es, diese in die Verantwortung zu nehmen. Damit bleibt das Opfer ungeschützt und jugendliche Täter bekommen keine Hilfe, um eine Täterkarriere zu vermeiden. Eine amerikanische Studie bestätigt die Praxisbeobachtungen von Zartbitter. Wolak/Finkelhor/Mitchell (2012) stellen fest, dass im Jahre 2009 60 % des kinderpornografischen Materials, dessen Produktion zu einer Festnahme führte, von Minderjährigen hergestellt wurde. Das amerikanische Strafrecht ist in der Bewertung der Strafbarkeit sexueller Handlungen nicht in allen Punkten mit dem deutschen Strafrecht deckungsgleich. Dennoch lässt die Studie Rückschlüsse auf einen vergleichbar hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen bei der technischen Produktion kinderpornografischen Materials zu. Die Studie hebt zwar hervor, dass ein gutes Drittel der an der technischen Produktion beteiligten Kinder und Jugendlichen handelte, weil sie von Erwachsenen verführt, bedroht, angestiftet oder bedrängt wurden. In solchen Fällen wurden folglich Erwachsene festgenommen. Nicht wenige der minderjährigen Produzenten stellten das Material jedoch nachweislich aus eigener Motivation her und/oder verbreiteten es zum Teil mit dem Ziel andere Kinder und Jugendliche im Netz zu demütigen, verletzen, erpressen oder bloßzustellen. Minderjähre stellten nach den Ergebnissen der Studie fünfzig Mal so oft Kinderpornografie her, wie im Jahre 2000. Ihr Anteil hätte sich demnach binnen weniger Jahre in einer steilen Kurve gesteigert. Quellen: Schrock, Andrew/ Boyd, Dana (2008). Enhancing Child Safety & Online Technologies: final report of the internet safety technical task force – Appendix C Wolak, Janis/ Finkelhor, David/ Mitchell, Kimberly (2012). Trends in Arrest for child pornography production © Zartbitter e.V. 26.07.2012 |